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Glückliches Remis für die Ballkünstler vom Viktoriasee

Der Mapinduzi Cup auf Sansibar hat eine zweiwöchige Lücke in den Spielplan der Vodacom Premier League gerissen. Während die großen Vereine für einen Batzen Geld auf Torejagd gehen, begnügen wir uns mit Freundschaftsspielen in Nyehunge nördlich von Geita und Igombe, einem weiteren idyllischen Fischerdorf. Einen sportlichen Wert haben diese Begegnungen nicht, spielt man doch gegen regionale Auswahlen, die unter normalen Umständen keine Chance haben. Dennoch birgt die Auswärtsfahrt erhebliche finanzielle Einsparungen. Die leitende Führung des Dorfs bezahlt Anfahrt, Unterkunft und Verpflegung für Spieler, Vorstand und Trainer. Übersetzung auf Deutsch: Der Bundesligist Darmstadt bekommt von einer Bezirksauswahl Bus und Bett gestellt und wird dreimal täglich mit Proviant versorgt. Und da lässt sich der Lokalmann nicht lumpen, will man dem Erstligateam doch einen ausgezeichneten Aufenthalt gewähren. Frischer Fisch, Unmengen an Ugali, Bohnen und einen halben Liter Wasser. Sie wollten für mich sogar speziell kochen, was ich natürlich direkt ausschlug. Eine Gastfreundschaft wie aus dem Buche.

Die Spiele haben Unterhaltungswert, mehr aber auch nicht. Wir gewinnen souverän, auch wenn wir nur unsere zweite Garde aufbieten. Neue Erkenntnisse konnte ich nicht gewinnen. Die Platzbedingungen waren unterirdisch, die spielerische Leistung unseres Kontrahenten auch. Am Ende waren wir froh, kaum bleibende Schäden davongetragen zu haben. Lediglich Bernarth, bereits in jungen Jahren ein kalter Hund vor dem Gehäuse, setzte ein Ellbogencheck außer Gefecht. Blut rann aus dem Cut oberhalb des linken Auges. Ab in den Schatten und Wunde zudrücken! Das nächste Krankenhaus ist mehrere Stunden entfernt. Zwei Tage darauf meldete sich der Mann bereits zum Training zurück und bat mich bei Kopfbällen Gnade walten zu lassen.


Unser zweites Spiel startete mit einer Stunde Verspätung. Eine Reifenpanne ließ den Busfahrer der Auswahlmannschaft verzweifeln. Ärgerlich, dass die Sonne in Tansania zu früher Stunde untergeht und großflächige Spielfeldbeleuchtung unvorstellbar ist. Die zweite Halbzeit musste nach 30 Minuten abgepfiffen werden; es war schlicht und ergreifend zu dunkel. Die Zuschauer beschwerten sich kräftig, weil sie ja den vollen Eintritt bezahlt hatten. Einige gingen den Schiedsrichter gar körperlich an, anderen war es völlig Latte! Sie scharrten sich um mich, dem Mzungu-Teacher und wollten unendlich viele Fotos machen. Einige haben zum ersten Mal in ihrem Leben einen Europäer gesehen - es herrschte Ausnahmezustand.

Das letzte Testspiel am Mittwoch in Igombe war fordernd. Eine Auswahl mit vielen Zweitliga-Spielern brachte uns bei heißen Temperaturen noch mehr ins Schwitzen. Wir liefen mit vielen Stammspielern auf, hatten dennoch Probleme das Spiel zu dominieren. Dank der Kaltschnäuzigkeit von Jamali und dem glücklichen Abstaubertreffer von Waziri Junior konnten wir aber mit zwei Toren Vorsprung in die Halbzeit gehen. Die zweite Hälfte der Partie war ereignisarm. Ein Spielfluss kam durch die vielen Auswechslungen nicht mehr zustande. 2:0 lautete der Endstand. Ein zufriedenstellendes Ergebnis für unsere Mannschaft. Das Selbstvertrauen wächst weiter, Tansania Prisons konnte kommen.

Toto African - Tansania Prisons 1:1 (0:0)


Toto ist als Vorletzter klarer Außenseiter, Tansania Prisons ist Tabellenachter. Dennoch geht es für uns darum, ein Ausrufezeichen an die Konkurrenz zu senden. Wir streben drei Punkte an wie in jedem Spiel. Keiner soll meinen, Mwanza wäre ein leichtes Pflaster. Von Beginn an arbeiten sich beide Teams über Zweikämpfe in die Partie. Prisons hat zunächst Lufthoheit und später auch am Boden leichte Dominanz. Wenn wir das Spielgerät lang nach vorne schlagen, entwickeln wir meistens mehr Gefahr als im Kurzpassspiel. Der holprige Rasenplatz birgt eine gewaltig hohe Fehlpassquote. Das Positive nach der Halbzeit kann nur das Ergebnis sein. Wie aus dem Nichts bringt uns ein Eigentor in der 55. Spielminute in Führung. Prisons gleicht jedoch per Foulelfmeter aus, trifft vor Spielende den Posten und hätte noch einen weiteren Elfmeter zugesprochen bekommen müssen. Unsere beste Gelegenheit im zweiten Durchgang verpasste Waziri, der aus abseitsverdächtiger Position den Ball nicht im Tor unterbringen konnte. Durch das Unentschieden rücken wir auf Platz 14 vor und haben realistische Chancen, aus dem Tabellenkeller zu kriechen.

Nach Apfiff der Partie beschwerten sich einzelne Spieler unserer Mannschaft über zu viel Zauberei. Nicht zu Unrecht - Unsere lokalen Mediziner haben sich im Spielercamp intensiv ihrem Handwerk gewidmet! Folgendes Ritual schießt den Vogel völlig ab: Den Schnabel eines fett beleibten Huhns aufspreizen und die Torhüter nach einem stillen Gebet in den offenen Rachen des wild flatternden Viehs spucken und rotzen lassen. Unglaublich!! Auf die Schnapsidee muss erst einmal einer kommen. Im Anschluss tötete man das Tier humorlos. Die Zeremonie war morgens beliebt und euphorisierte einzelne Spieler, abends schimpften sie aufbrausend. Emotionsgeladen ohne Unterlass. Wäre ein Sieg herausgesprungen, werden die Kicker gefeiert. Bei einer Niederlage oder einem Unentschieden verstecken sich viele hinter wirkungslosen Riten. Manchmal ist es einfach besser, die eigene Nase zu suchen, Fehler einzugestehen und diese radikal auszumerzen.


Derzeit dominiert der frisch angelaufene Africa Cup of Nations 2017 die Schlagzeilen. Public Viewing in den Großstädten Tansanias gibt es aber nicht. Warum auch? Die letzte Qualifikation der Taifa Starts liegt fast 40 Jahre zurück. Man drückt Uganda die Daumen, der einzig qualifizierten Mannschaft aus Ostafrika. Ansonsten fiebert man mit den großen Favoriten. Elfenbeinküste, Ghana und Nigeria. Die Vorrundenspiele schauen nur die "Verrückten", ab dem Halbfinale wird wohl ein jeder seinen Coca-Cola Stuhl vor den Flimmerkasten platzieren. Der Spielbetrieb in der tansanischen Premier League wird in dieser Zeit nicht unterbrochen. Das nächste Saisonspiel für die Toto Africans findet am 28. Januar gegen African Lyon in Mwanza statt. Der Verein hat zwei Leistungsträger an Mbeya City verloren und auch die Wazungu-Teacher aus Portugal sind nach der Hinrunde nicht mehr aufgetaucht. Ein klarer Fall: Finanzielle Sorgen und ausstehende Gehälter! Es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Drei Punkte sind Pflicht.


Viele Grüße aus Mwanza,

euer Tim


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